Leinbach
Artikel für die Lokalen Agenda 21 – hier-in-leingarten
- prägendes Gewässer der Stadt Leingarten -
Historisches
Der Leinbach hieß früher „Gartach“. So lässt sich auch leicht erklären, warum der Ort, bei dem die Gartach entspringt, Kleingartach heißt, in Großgartach war die Gartach schon ziemlich groß und in Neckargartach mündet die Gartach in den Neckar!
Die Gesamtlänge des Leinbachs beträgt 27,5 km, das Einzugsgebiet ist 110 qkm groß.
Der Name Gart-aha wurde erstmals 1274 erwähnt (in keltisch-römischer Zeit) aber auch der jetzige Name Lein (ursprünglich Leyn), was mit der Leinburg bei Kleingartach zusammenhängt, wurde erstmals schon 1289 erwähnt. Das genaue Datum der Umbenennung von „Gartach“ zu „Lein“ konnte bisher nicht ermittelt werden.
Die Silbe „ach“ bedeutete im Germanischen einfach „Wasser“ – gutes Wasser, ein Ort, wo man gut leben kann! Biberach, Schozach, Brettach und eben auch Großgartach geben davon ein Zeugnis ab.
Bei den alten Großgartachern hieß der Leinbach aber einfach nur ‚d’Baach‘!
Bei Feuersbrünsten wurde aus dem Leinbach von der Feuerwehr Löschwasser geholt. Rampen, die zu diesem Zweck flach ins Wasser führten, sind heute noch erkennbar!
In Heimatbüchern wird auch beschrieben, dass junge Bauern und Knechte sonntags ihre Pferde zur Schwemme ritten und ihre Tiere nicht nur mit Striegel und Bürste, sondern auch mit Wasser reinigten. Die Schwemme hieß deshalb auch „Gäulbaach“. Angelegt wurden die Schwemmen, um bei Feuersbrünsten Löschwasser aus dem Bach holen zu können. Schluchtern besaß eine Schwemme an der oberen Mühle und an der Dorfbrücke.
Veränderungen des Bachbetts
Das Bachbett hat auf der Leingartener Gemarkung seinen ursprünglichen mäanderförmigen Verlauf weitgehend beibehalten. Lediglich in Schluchtern wurde in einem Teilbereich der Leinbach 1953 „ausgebaut“. Genau in diesem Bereich wurde 1969 festgestellt, dass der Leinbach zu wenig Gefälle habe, so dass es zu starken „Auflandungen“ komme und Regenauslassleitungen fast immer unter Wasser wären. Als eine mögliche Ursache wurde die Nichteinhaltung der Stauhöhe durch die Mühle Geßmann gesehen.
Nebenflüsse des Leinbachs
Massenbach Eichbottgraben
Holzgrundgraben und Schweifelsgraben. Nicht mehr existent: Gröpfelsbach
Mühlen auf Leingartener Gemarkung
Die drei Leingartener Mühlen hatten früher eine überragende Bedeutung:
Vor 1912 wurden Betriebe in Schluchtern von der Mühle Gessman mit Strom versorgt – erst 1912 wurde Schluchtern ans öffentliche Stromnetz angeschlossen.
Nach dem Tod vom Mühlenbesitzer Frick wurde das Areal von der Gemeinde Leingarten erworben und abgebrochen. Auf dem Gelände errichtete die Kommune eine „Kinder- und Jugendmühle“. Später wurde daraus ein „MÜHLE-Familienzentrum“ mit offener Kinder- und Jugendarbeit, Familien- und Senioren-Aktivitäten und dem Netzwerk Ehrenamt.
Abwasser
Bis Ende der 1950er Jahre floss alles Abwasser aus den Küchen über einen offenen Kandel am Straßenrand in den
‚Schleimgraben‘, der dann in den Leinbach mündete (die Aborte wurden extra entleert). Dies bedeutete, dass im Kandel durchaus „Spätzle“ und andere Essensreste mitgeschwemmt wurden und über den Schleimgraben im Leinbach entsorgt wurden.
Seither nimmt die Qualität des Wassers zu, sie ist aber noch nicht optimal.
Baden im Leinbach
Generationen von Kindern hatte Freude, im Leinbach zu baden und auch das Schwimmen zu lernen – bis das Freibad in Großgartach 1957 in Betrieb ging. Gebadet wurde jeweils oberhalb der Mühlen, weil die Wassertiefe dort durch den Wasserstau relativ tief war. Ein Schwimmstil, der schnell erlernt wurde hieß „hundeln“ – also mit Armen und Beinen im Wasser nach unten durchziehen (den Hunden beim Schwimmen nachempfunden!)
Hochwasser des Leinbachs
In der Vergangenheit gab es immer wieder teils heftige Überschwemmungen mit oft enormen Schäden – Beispiele:
- Gewitter vom 1. Juli 1897 (recherchiert von Rektor Otto Bögel) „Morgens gegen 1 Uhr brach ein gewaltiges Unwetter los (von Eppingen bis Hall), das durch Hagelschlag 3.000 Morgen Ackerland verwüstete. Die Hagelkörner waren so groß wie Taubeneier. Man konnte am nächsten Morgen auf dem Felde Hasen auflesen, die von ihnen erschlagen worden waren.“
- Hochwasser vom Mai 1931 mit Schäden an Gebäuden, Gärten, Äckern und Weinbergen.
- 1953: Durch den Ausbau der B 293 reicht bei stärkeren Regenfällen der extra angelegte Wassergraben nicht mehr aus, so dass es im Bereich des Unterdorfes in Schluchtern (Gewann Kirchgrund) immer wieder zu Überschwemmungen kam. Feuerwehr und Anlieger mussten immer wieder Schlamm und Erde teils in Nachtarbeit wegschaufeln.
- Hochwasserkatastrophe vom Januar 1955: Viele Keller mussten ausgepumpt werden.
- Hochwasser vom März 1956: Ein Landwirt beschwert sich, dass westlich der Eppinger-Straße die Regenrohre zur Straßenunterführung zu klein im Durchmesser seien, so dass Regenwasser sich staut, außerdem habe ein Anwohner seine Wiesen mit Erde um 1 Meter aufgefüllt, so dass Wasser in die Eppinger-Straße abgedrängt würde.
- 1965: Die Wassergräben auf dem Bahngelände werden nicht ordentlich gereinigt, so dass sich das Tagwasser immer wieder staut und die angrenzenden Grundstücke überschwemmt.
- 1974: Starke Regenfälle führen zu Überschwemmungen auf den Wiesen westlich der Eppinger Straße.
- 1984: Das LRA Heilbronn beabsichtigt, eine Rechtsverordnung zu erlassen, das den schadlosen Hochwasserabfluss in den gefährdeten Überschwemmungsgebieten gewährleisten soll.
Im April 2002 und 2017 gab es die letzten größeren Hochwasser-Ereignisse:
Inzwischen gibt es ein ausgeklügeltes Hochwasserschutz-System des gesamten Leinbaches, das bis zum „100-jährigen Hochwasser“ Überschwemmungen verhindern soll.
Leinbach auf dem Weg zu einem sauberen Gewässer
Noch existierende Probleme:
- Überlaufleitungen aus Abwassersammelbecken (z.B. bei Hochwasser oder Starkregen), die in den „Vorfluter“ (Leinbach) eingeleitet werden.
- Klein- bzw. Hobby-Gärtner, die in ihren Gärten am Bachrand überdüngen und Pestizide verwenden.
- Äcker, die fast bis zum Bachrand gehen – und damit zum Eintrag durch Einschwemmung in den Leinbach beitragen.
- Möglicherweise Häuser, die noch nicht in die allgemeine Kanalisation angeschlossen sind Hoffnungszeichen auf Verbesserung der Wasserqualität
- Jährliche Durchforstung des Bachsaumes durch Landwirte im Auftrag der Kommune, um abschnittsweise den Bachsaum ökologisch zu verbessern.
- Pflanz- und Pflegeaktionen z.B. durch die Aktionsgruppe „Leintalaue“ 1983 bis 1995, um einen Auencharakter am Leinbach wieder herzustellen.
- Nutzung des geförderten Modells „Ackerrandstreifen“, um die Bodenqualität zu verbessern und den Schadstoffeintrag in den Leinbach zu verringern.
- Bessere Kontrolle der Abwasserleitungen – auch durch industrielle Betriebe, die in die allgemeinen Abwasserleitungen teils problematische Stoffe einleiten!