Was verdanke ich M.L. King?
1968 – also vor genau 50 Jahren habe auch ich – damals 23 Jahre alt – interessiert und gebannt nach Amerika geschaut.
Ist King ein geeignetes Modell in der Zeit der großen gesellschaftlichen Veränderungen bei uns und in aller Welt (68er, Notstandsgesetze, Vietnamkrieg, Befreiungsbewegungen in der Dritten Welt usw.).
Was ich von King damals für mich gelernt habe: WIDERSTAND JA – GEWALT NEIN! Ich hatte diese gewaltlose Bewegung damals genau beobachtet: Immer wieder gab es Diskussionen unter Aktivisten um King, ob die teilweise massive Gewalt gegen gewaltfreie Demonstranten nicht doch auch Gegengewalt rechtfertigen würden. So wurden z.B. 5 Jahre vorher (1963) 959 Kinder verhaftet, die für die Gleichberechtigung und für integrierte Schulen demonstrierten, in denen Schwarze und Weiße zusammen unterrichtet werden sollten.
Interessant auch, dass King 1963 bei seinem Date in Berlin (Predigt in der Berliner Waldbühne vor 20.000 Menschen) verbotenerweise nach Ostberlin reiste (die US-Botschaft hatte ihm den Pass weggenommen – mit seiner Kreditkarte reiste er nach Ostberlin). Dort sagte er in einer Rede/Predigt: „Hier sind auf beiden Seiten der Mauer Gottes Kinder. Und keine durch Menschenhand gemachte Grenze kann diese Tatsache auslöschen...“
Ich hatte bis dahin die Baptisten (King war Pastor der Baptistenkirche) nur als sehr fromme Gruppierung wahrgenommen. Nun merkte ich, dass hier ein Christ – wie die Propheten des Alten Testamentes – soziale Missstände zum Thema machte. Es wurde mir bewusst, dass die „Frohe Botschaft“ mehr ist als nur verinnerlichter Glaube. Seit dieser Zeit bin sensibilisiert, dass Glaube und gesellschaftliche Verhältnisse sehr viel miteinander zu tun hatten.
Noch zur Prämisse der Gewaltlosigkeit: Die 90er Jahre (Golfkrieg, Balkankriege) zeigten die Rehabilitation von Gewalt – ohne echte Lösungen und gutes Miteinander bis heute. Die heutigen asymmetrischen Kriege (Irak, Syrien, Afghanistan, Jemen usw.) zeigen, dass es einen sogenannten „gerechten Krieg“ nicht gibt. Es hilft nur das Streben nach einem gerechten Frieden!
Zu Deutsch: Martin Luther King ist heute aktueller denn je, dies wurde in den vielen Publikationen zu 50 Jahre King leider selten erwähnt.
Paul Gräsle